Ein fremdes Land mit anderen Sitten, ungewohntem Essen und einer anderen Sprache: Wenn Geflüchtete nach Deutschland kommen, ist plötzlich alles anders. Vom Gang in den Supermarkt bis hin zum Arztbesuch stellen eigentlich alltägliche Dinge plötzlich eine Herausforderung dar, die mit vielen Unsicherheiten verbunden ist – vor allem durch die Sprachbarriere. Um den Geflüchteten die Integration zu erleichtern, hat die Stadt Gütersloh das Projekt „Erste Schritte – Sprachfördermaßnahmen für Geflüchtete“ ins Leben gerufen, das von der Bürgerstiftung Gütersloh finanziert wurde.
Von April bis Dezember 2024 konnten so rund 100 Geflüchtete in der Notunterkunft am ehemaligen Flughafen Gütersloh an einem niederschwelligen Sprachkursangebot teilnehmen, dessen Fokus auf der praxisnahen Sprachförderung lag. Dafür hatte die Stadt einen Sprachlehrer der Volkshochschule Gütersloh (VHS) sowie zwei DaZ-Lehrer (Deutsch als Zweitsprache) gewinnen können, denn: Zum Zeitpunkt der Antragstellung hatten Geflüchtete keinen Anspruch auf offizielle Sprach- und Integrationskurse.
„Sprache ist einer der ersten und wichtigsten Basisbausteine für eine gelingende Integration“, so Henning Matthes, Beigeordneter für den Bereich Familie, Jugend, Schule, Soziales und Sport. „Ohne Sprachkenntnisse bleiben viele Türen verschlossen – sei es im Alltag oder auf dem Arbeitsmarkt.“ Genau hier hat das Projekt effektiv und mit Erfolg angesetzt: Jamalikhabir Peyman aus dem Iran berichtet beispielsweise, dass er durch das Projekt nun Gespräche im Alltag führen könne und zurzeit für seine B1-Prüfung (Sprachtest) lerne. Er und seine Frau arbeiten mittlerweile im Pflegeheim am Nordring. Außerdem möchte er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Auch Eris Altun aus der Türkei, ebenfalls in der Pflege tätig, hat am Sprachkurs in der Notunterkunft teilgenommen und lobt die praktische Ausrichtung: „Die Kontextübungen waren wirklich gut.“ Denn genau darauf lag der Fokus der Sprachkurse: grundlegende Deutschkenntnisse zu vermitteln, um Alltagsituationen besser bewältigen zu können. Lernspiele, praxisnahe Übungen und alltagsnahe Rollenspiele machten den Unterricht abwechslungsreich und ansprechend. Neben dem Spracherwerb wurde auch der interkulturelle Austausch gefördert, indem die Lehrkräfte den Teilnehmenden Wissenswertes über das Leben in Deutschland, das demokratische System und die Werte näherbrachten. Darüber hinaus lernten die Geflüchteten nationale und regionale Gepflogenheiten sowie kulturelle und historische Hintergründe und Besonderheiten kennen.
„Durch die Kurse konnten die Teilnehmenden nicht nur ihre Sprachkenntnisse verbessern, sondern auch ein Gefühl der Gemeinschaft erleben“, berichtet Roland Thiesbrummel, Leiter des städtischen Fachbereichs Soziales. Zudem trugen die Sprachkurse wesentlich zur sozialen Integration und besseren Orientierung der Geflüchteten nach ihrer Umverteilung in andere Kommunen bei. Für die Sprachkurse wurden die Teilnehmenden in sechs Gruppen nach ihrem jeweiligen Sprachniveau eingeteilt und erhielten wöchentlich zwei Stunden Unterricht. Ein besonderer Erfolg des Projekts: Etwa 20 Personen konnten nach Abschluss der Kurse mit einem Einstufungstest einen offiziellen Integrationskurs in Gütersloh oder Bielefeld beginnen.
„Unser besonderer Dank gilt der Bürgerstiftung Gütersloh für ihre großzügige finanzielle Unterstützung, ohne die das Projekt so nicht möglich gewesen wäre“, betont Henning Matthes. Nina Spallek, Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Gütersloh, freut sich sehr über den Erfolg des Projekts: „Es ist schön zu sehen, wie gut das Angebot angenommen wurde. Der Grundgedanke, den Geflüchteten einen möglichst guten Start hier in Gütersloh zu ermöglichen, ist wichtig für eine erfolgreiche Integration und ein gemeinsames Miteinander. Dabei unterstützen zu können, freut uns ungemein.“
Anders als zu Beginn des Projekts können geflüchtete Menschen mittlerweile durch veränderte rechtliche Grundlagen bereits in Notunterkünften einen Integrationskurs besuchen. Dadurch hat sich der Bedarf an lokalen Sprachkursen reduziert. Dennoch besteht weiterhin Interesse an Kursen vor Ort, insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder besonderen familiären Verpflichtungen. Daher möchte die Stadt auch in Zukunft gemeinsam mit lokalen Partnern Wege finden, um Geflüchtete bei ihrem Start in Deutschland bestmöglich zu unterstützen. Dabei wird geprüft, ob auch niederschwellige Sprachfördermaßnahmen angeboten werden können, um denjenigen, die keinen unmittelbaren Zugang zu Integrationskursen haben, eine erste Orientierungshilfe zu bieten.
Ansprechpartner im städtischen Fachbereich Soziales ist Mahmoud Farrag, Teamleiter für die Unterbringung und Unterstützung von Geflüchteten, telefonisch erreichbar unter 05241 / 82-3329 oder per E-Mail an mahmoud.farrag(at)guetersloh(dot)de. Weitere Informationen erhalten Interessierte online unter www.stadt.gt/team-fluechtlingshilfe.
BU: Kamen im Rathaus zusammen, um eine positive Bilanz zum Projekt „Erste Schritte – Sprachfördermaßnahmen für Geflüchtete“ zu ziehen: (v.l.) Eris Altun (Teilnehmer Sprachkurs), Henning Matthes (Beigeordneter für den Bereich Familie, Jugend, Schule, Soziales und Sport), Jamalikhabir Peyman (Teilnehmer Sprachkurs), Nina Spallek (Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Gütersloh), Mahmoud Farrag (Teamleitung Unterbringung und Unterstützung von Geflüchteten) und Roland Thiesbrummel (Leiter des städtischen Fachbereichs Soziales). Foto: Stadt Gütersloh