Mehr als ein halbes Jahrzehnt hat der Spendenfonds „Engagement für Flüchtlinge“ der Bürgerstiftung ehrenamtliche Integrationsarbeit in Gütersloh gefördert. Am Ende steht nicht nur die positive Bilanz, die Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen durch die Förderung von insgesamt 151 Projekten, Patenschaften und Privatinitiativen unterstützt zu haben. Der Blick, den die Verantwortlichen zurückwerfen, ist auch von Dankbarkeit und Anerkennung geprägt: für großzügige Spenden und für engagierten zivilgesellschaftlichen Einsatz.
Dass es am Ende fast sechs Jahre geworden sind, mit denen der Spendenfonds „Engagement für Flüchtlinge“ tätig sein durfte, hat zum einen mit der beeindruckenden Spendenbereitschaft von Gütersloher Unternehmen und Privatpersonen zu tun: 185.000 Euro wurden insgesamt für ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit gespendet. Zum anderen aber war es das vielfältige, beeindruckende Engagement vieler ehrenamtlich Tätiger, das über die erste Welle der Hilfsbereitschaft hinaus im dauerhaften Einsatz für geflüchtete Menschen und Neubürger mündete.
Im Oktober 2015 hatte die Bürgerstiftung angesichts der ersten großen Fluchtbewegung vor Repression und Bürgerkrieg den Spendenfonds aus der Taufe gehoben. Die Initialzündung gab Bettina Windau, Direktorin des Programms „Zukunft und Zivilgesellschaft“ bei der Bertelsmann Stiftung. Mit einer Anschubfinanzierung der Bürgerstiftung von 15.000 Euro sowie jeweils 50.000 Euro seitens der Bertelsmann SE & Co.KGaA und der Bertelsmann Stiftung ging man an den Start. Im Laufe der Jahre konnten weitere 70.000 Euro an Spendengeldern von Bürgerinnen und Bürgern eingeworben werden.
Der Fonds war explizit darauf ausgerichtet, die in der Flüchtlingshilfe ehrenamtlich Tätigen zu unterstützen. „Viele Gütersloher haben ihre Zeit, ihre Energie und ihr Herzblut in die Flüchtlingshilfe gesteckt,“ betont Projektleiter und Koordinator Dr. Hauke Hartmann, der die wesentliche Rolle der Ehrenamtlichen im Alltag der geflüchteten Menschen unterstrich: beim Stellen von Anträgen, bei Sprachvermittlung und Jobsuche, beim Arztbesuch. Ihr Engagement sei entscheidend gewesen bei der Durchführung von Projekten und Ausflügen, türöffnend für Sport oder Kultur, vermittelnd für ein funktionierendes Miteinander in Begegnungsstätten und Gemeinschaftsunterkünften. „Wir wollten vermeiden,“ so Hartmann, „dass sie für dieses ehrenamtliche Engagement auch noch selber übermäßig in die eigene Tasche greifen müssen.“ Corinna Nagels, in der Geschäftsstelle der Bürgerstiftung häufig die erste Kontaktperson für Antragsteller, findet gerade deshalb, dass der Spendenfonds bei der Bürgerstiftung genau richtig angesiedelt war. „Es hat uns sehr geholfen, dass wir lokal so gut vernetzt sind,“ so Nagels, „und aufgrund unserer festen Verankerung in der Gütersloher Zivilgesellschaft ein einfach zugänglicher und respektierter Ansprechpartner sind.“
Zum Beispiel Osterbasteln mit geflüchteten Kindern, die Ausrichtung eines Nachbarschaftsfestes oder die Erstausstattung für Schule oder Sportverein: am Anfang der Förderungszeit standen sehr konkrete Unterstützungswünsche, die sich alle um das Ankommen und Mitmachen drehten. Ein Stück bunte und spontane Willkommenskultur in Gütersloh. Mit der Zeit wurde längerfristiger gedacht. Projekte im Stadtmuseum und in der Weberei boten den Geflüchteten kulturelle Ausdrucksmöglichkeiten, Schwimmkurse für irakische und syrische Mädchen oder Deutschstunden halfen beim Erwerb von Alltagsfähigkeiten, Fahrradwerkstatten und Bustickets erlaubten mehr Mobilität. „Wir sind bedarfsgerecht vorgegangen, haben flexibel reagiert und uns mit der Einrichtung dieses Fonds stets als Mittler verstanden“, erläutert Katrin Meyer vom Vorstand der Bürgerstiftung, die zusammen mit Corinna Nagels und Wolfgang Sieveking, dem ehemaligen Leiter des Fachbereichs Familie und Soziales der Stadt Gütersloh, dem Beirat des Spendenfonds angehört. Als Mittler zur teils rührenden und stets beeindruckenden Hilfsbereitschaft der Gütersloher Zivilgesellschaft, die vom spontanen Willkommen immer mehr auf das Überwinden des Fremdseins und die Eingliederung in die Gesellschaft abzielten. Spracherwerb, Sport und Kultur wurden zu Schwerpunkten.
Die Zahl der Projektanträge nahm ab 2018 ab, dafür stieg ihre Komplexität, berichtet Wolfgang Sieveking. So fokussierte sich das Engagement in bestehenden Strukturen wie dem Café Connect der Diakonie oder der Betreuung der Parseval-Siedlung durch das DRK, die der Spendenfonds unterstützte. „Diese Umstrukturierung der Flüchtlingsarbeit machte eine stärkere Verankerung in der Aufnahmegesellschaft möglich - mit längerfristigen Perspektiven und stabileren Integrationsaussichten“, betont Sieveking.
Der Spendenfonds, war nicht dazu angelegt dauerhafte integrative Funktion zu übernehmen, sondern er wollte die Herausbildung von Netzwerken und Hilfsstrukturen unterstützen. So blicken die Verantwortlichen jetzt, wo alle Spendengelder ausgeschöpft sind, dankbar und anerkennend auf die Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft all jener Gütersloher Bürgerinnen und Bürger zurück, die diese Arbeit des Spendenfonds möglich und erfolgreich gemacht haben.
Foto: Siegmund Bergemann
Von links nach rechts: Dr. Hauke Hartmann( Projektleiter und Vorsitzender des Beirats) Corinna Nagels, Wolfgang Sieveking, Katrin Meyer (Vorstands- und Beiratsmitglied Bürgerstiftung Gütersloh)